Tragen ist nicht nur praktisch und bequem, sondern liegt erfreulicherweise im Trend! Das hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass immer mehr Firmen Tragehilfen herstellen und anbieten. Doch woran erkennt man, ob eine Tragehilfe wirklich empfehlenswert ist und wie wählt man ein Modell aus dem großen Angebot aus? Wir haben hier Kriterien und Empfehlungen zusammengestellt, wonach Sie selbst jede Tragehilfe auf Tauglichkeit für Sie und Ihr Kind prüfen können.
=> Merkmale einer empfehlenswerten Tragehilfe
=> Checkliste für Tragehilfen
=> Die verschiedenen Tragehilfenarten
Sie brauchen tatkräftige Unterstützung bei der Auswahl einer geeigneten Tragehilfe? Wenden Sie sich an eine:n Trageberater:in in Ihrer Nähe. => zur Liste "Trageberatung finden"
Sie haben Fragen oder Anregungen? Schreiben Sie uns bitte an
Wichtig für jede Tragehilfe:
- unterstützt die Anhock-Spreiz-Haltung des Kindes
- stützt das Kind umfassend ab und lässt zu, dass sich der Rücken des Kindes leicht runden kann
- leicht anpassbar an Kind und tragende Person
- bequem und entlastend für die Tragende bzw. den Tragenden
Folgende Anhaltspunkte können Sie beachten. Sie führen dazu, dass die oben genannten, wichtigen Merkmale möglichst gut erfüllt werden:
- Rückenteil aus Tragetuchstoff gefertigt
- Variable Kopfstütze
- Verstellbarer Steg, der von Kniekehle zu Kniekehle eingestellt werden kann
- Verstellbares Rückenteil (Rückenteilverlängerung und Anpassung im Nacken)
- Träger zum Knoten (erlauben dem Kind eher, den Rücken zu runden und lassen sich unkompliziert an verschiedene Personen anpassen)
- Mehrere Tragepositionen sollten möglich sein: vor dem Bauch und auf dem Rücken, optional auch auf der Hüfte
Bitte beachten:
Die Tragehilfe muss allen - Tragenden und Kind - bequem sein. Deswegen empfehlen wir, eine neue Tragehilfe vor dem Kauf ausgiebig mit eigenem Kind zu testen!
Viele Tragenetzwerk-Berater:innen bieten neben der Trageberatung auch einen Mietservice an, damit Sie eine Tragehilfe oder ein Tragetuch in Ruhe zuhause testen können.
Einige Online-Trageläden bieten Testpakete an. Fachliche Unterstützung beim Anlegen und Auswählen der Tragehilfen gibt es unter "Trageberatung finden".
- Aufrecht tragen: Das Kind sollte von Geburt an aufrecht getragen werden, damit es eine Haltung einnehmen kann, die die Wirbelsäulen- und Hüftentwicklung unterstützt. Die Wiegeposition in Tuch oder Tragehilfe empfehlen wir nicht mehr, auch nicht zum Stillen. Das Kind kann hier die für die Hüftentwicklung wichtige Anhock-Spreiz-Haltung nicht einnehmen, die Wirbelsäule wird nicht entlastet. Die Atmung kann behindert werden.
- Gesicht des Kindes zeigt zur tragenden Person: Nur so kann das Kind in Anhock-Spreiz-Haltung unterstützt werden, den Rücken bei Entspannung runden und sich Umgebungsreizen selbständig entziehen. Will es mehr sehen, so empfehlen wir eine Hüft- oder Rückentrageweise. Beim Rückentragen in Tragehilfen sollte insbesondere bei (noch) fehlender Kopfkontrolle auf eine gute Stützung, ggf. durch Nutzung von Hilfsmitteln, geachtet werden.
- Kopf gut gestützt: Besonders bei kleinen und schlafenden Kindern ist eine ausreichende Kopfstützung durch eine (verstellbare) Nacken- oder Kopfstütze wichtig. Bitte darauf achten, dass das Gesicht nicht durch Kleidung, Schal der Tragenden, große Kopfstütze oder ähnlichem bedeckt wird, damit die Atemwege frei beiben. In der Regel reicht die Stützung des Kopfes bis auf Höhe der Ohren, so dass die Luft frei zirkulieren kann. Das Kinn des Kindes sollte dabei nicht auf seine Brust sinken.
- Gerundeter und gestützter Rücken: Wenn das Kind sich entspannt oder schläft, sollte sich sein Rücken leicht runden können und dabei überall fest gestützt werden. Das Kind darf nicht zusammensacken, es soll ganz nah am Körper der tragenden Person sein. Sie darf nicht das Gefühl haben, dass sie es noch zusätzlich mit der Hand stützen müsste. Ein waches Baby kann ab einem gewissen Entwicklungsstand auch mit geradem Rücken in der Tragehilfe hocken, wenn es diese Haltung aus eigener Muskelkraft einnimmt. Es muss dabei trotzdem gut gestützt sein. Spätestens wenn es sich entspannt oder einschläft, sollte sein Rücken wieder runder werden können. Tragehilfen, deren Schulterträger unabhängig vom Kind geknotet werden, ermöglichen das Rundwerden des kindlichen Rückens je nach Material gut, z. B. Mei Tais, Halfbuckles oder Wrap Conversions mit Tragetuchstoff im Bereich des Rückenteils. Tragehilfen, deren Träger über dem Kinderrücken gekreuzt werden, mittig oder seitlich am Rückenteil enden/befestigt werden, lassen die Rundung des Rückens weniger gut zu.
Test: Vorsichtig nach vorne beugen und spüren, ob das Kind ganz nah am Körper dran bleibt (richtig) oder in den Beutel der Tragehilfe sinkt (falsch). Das Rückenteil sollte im Bereich des Rückens keine Falten werfen und eng anliegen.
Sieht der kindliche Rücken in der Tragehilfe stark gerundet aus? Dann bitte testen, ob das Kind ausreichend gestützt wird (sprich, die Tragehilfe ausreichend fest gezogen wurde). Achtung: Ist das Kind zusammengesackt (scheinbar gut gerundet) kann die Atmung behindert werden, zudem werden Wirbelsäule und Bandscheiben belastet. - Symmetrische Haltung: Das Kind sollte symmetrisch in der Tragehilfe hocken. Ist es schief positioniert, kann man auch nach dem Knoten nochmals links und rechts mit den Händen in die Tragehilfe an das Kind gehen, die Haltung sanft korrigieren und danach noch einmal den oder die Träger nachstraffen.
- Angemessene Spreizung: Je nach Entwicklungsstand.
- Knie angehockt: Die Knie des Kindes sollten bis etwa auf Höhe seines Pos angehockt sein, mit leichter Orientierung nach oben. Wichtig ist, dass der Po nicht zu stark nach unten absinkt und dadurch Zug auf die Kniekehlen des Kindes entsteht.
- Steg von Kniekehle zu Kniekehle: Der Steg einer Tragehilfe bezeichnet die Verbindungsstelle zwischen Rückenteil und Hüftgurt. Reicht der Steg bis knapp vor die Kniekehlen, kann das Kind bequem in der Tragehilfe hocken, seine Bänder und Muskeln sind entspannt, die Unterschenkel und Füße kann es frei bewegen.
- Freie Atemwege: die Atemwege des Kindes müssen immer frei sein, so dass die Luft zirkulieren kann. Das Rückenteil sollte also bis max. knapp über die Ohren reichen, der Kopf darf nicht in der Tragehilfe verschwinden. Sind die Schulterträger sehr breit und reichen über das Gesicht des Kindes, so kann man sie in der Breite mit einem Band abbinden. Die Kopfstütze beim Tragen vor dem Bauch bitte so zusammenraffen, dass sie den Kopf nicht komplett bedeckt. Den Kopf des Kindes ggf. sanft drehen, dass es mit seiner Wange am Oberkörper der Tragenden aufliegt. Sein Kinn darf nicht auf seine Brust sacken, der Kopf nicht nach hinten fallen.
- Kein unnötiger Druck auf die kindliche(n) Beine/ Hüfte: Die Träger werden unter den Beinen des Kindes durchgeführt und unabhängig vom Kind geknotet. Ausnahme: Bei großen und schweren Kleinkindern können die Träger über den Beinen gebunden werden und zur Verlängerung des Stegs und/oder zusätzlicher Entlastung der Tragenden dienen. Dabei darauf achten, dass die Träger nicht einschneiden und der Po gut gestützt ist.
Ringsling: Tragehilfe aus einem kurzen Tragetuch (ca. 2 m lang) mit einem offenen und einem an zwei Ringen festgenähten Ende. Das offene Tuchende wird durch die Ringe gefädelt und fixiert, dadurch bildet sich ein Tuchbeutel für das Kind. Der Ringsling wird wie eine Schärpe umgelegt. Die Anpassung an Kind und tragende Person erfolgt durch strähnchenweises Festziehen am offenen Ende, durch das Gewicht des Kindes hält das Tuch in den Ringen (wie bei einer Gürtelschnalle). Bauch,- Hüft-, und Rückentragen ist möglich (Rückentragen ab Rumpfkontrolle).
Das Kind kann beim aufrechten Tragen im Ringsling eine optimale Haltung einnehmen. Ringslings belasten die Tragende einseitig. Daher eignen sie sich in erster Linie für Neugeborene und leichte Babys, für schnelle Einsätze und kurze Strecken und als Ergänzung zum Tragen mit Tragetuch oder Fertigtragehilfe.
Typische Einsatzmöglichkeiten: Von Zuhause zum Auto, beim Treppensteigen, beim Einkaufen, vom Auto zum Kindergarten, auf dem Heimweg vom Spielplatz etc. Für Lauflernkinder ist es eine prima Alternative zum Tragen auf dem Arm, wenn die Beine müde geworden sind. Gleichzeitig braucht ein gefalteter Ringsling nur wenig Platz und lässt sich leicht mitnehmen.
Das aufrechte Tragen im Ringsling vor dem Bauch und auf der Hüfte ist sehr gut für Neu- und Frühgeborene geeignet, da hier eine gute Stützung und eine korrekte Anhock-Spreiz-Haltung mit einer geringen Spreizung von 60 bis 70 Grad zwischen den Oberschenkeln möglich ist. Auch für Kinder mit Hüftentwicklungsverzögerungen ist der Ringsling sehr gut geeignet.
➔ Wir empfehlen geraffte Ringslings aus Tragetuchstoff mit großen Ringen sowie das gekippte Einfädeln und ausschließlich aufrechtes Tragen.
Fertigtragehilfen
Für alle Fertigtragehilfen gilt: Schnitt, Größe, Ansatzwinkel von Trägern und Bauch- oder Hüftgurt, Material, Polsterung und Verstellmöglichkeiten weichen je nach Hersteller und Modell stark voneinander ab und beeinflussen Tragekomfort und Haltung des Kindes.
Wrap Conversion: Tragehilfe komplett aus Tragetuchstoff mit einem annähernd rechteckigen Rückenteil, einem Bauchgurt und Schulterträgern zum Knoten. Bauchgurt und Träger sind normalerweise nicht oder nur wenig gepolstert. Die Schulterträger sind meist aus einem halben Tragetuch (also ca. 25 - 35 cm breit) gefertigt und sollten wie ein Tragetuch strähnchenweise festgezogen werden, um eine gute Stützung des Kindes zu erreichen. Vor dem Bauch kann man die meisten Wrap Conversions gekippt (ähnlich der Känguru-Schulterklappen) tragen, wodurch grade bei kleineren Babys eine bessere Stützung des Nackenbereichs erreicht werden kann.
Bei Dai / Meh Dai (Pinyin: bei1dai4): Tragehilfe mit einem annähernd rechteckigen Rückenteil, einem Bauchgurt und Schulterträgern zum Knoten. Bauchgurt und Träger sind häufig gepolstert. Ursprung: China.
Halfbuckle (Halbschnalle): Bei Dai-Derivat, dessen Bauchgurt mit Schnalle oder Klett geschlossen wird, die meist gepolsterten Träger werden geknotet.
Fullbuckle (Vollschnalle): Bei Dai-Derivat, dessen Bauch- oder Hüftgurt und Schulterträger mit Schnallen oder Klett geschlossen werden. Meist werden die gepolsterten Schulterträger seitlich am Rückenteil befestigt, was den Rücken des Kindes teilweise stärker aufrichtet als es seiner Entwicklung entspricht. Daraus und aus dem meist breiten und festen Hüftgurt resultiert eine Spreizung deutlich über 90 Grad, weswegen einige Fullbuckle-Tragehilfen Neugeborenen und zarten Babys noch nicht gut passen.
Einige Fullbuckles bieten die Möglichkeit, die Schulterträger am Hüftgurt oder am Rückenteil zu befestigen. So kann je nach Größe und Gewicht des Kindes variiert werden. Träger am Hüftgurt vermeiden Zug am Rückenteil und damit Druck auf den kindlichen Rücken. Träger seitlich am Rückenteil verteilen das Gewicht des Kindes angenehmer für die Tragende.
➔ Für Babys sind „mitwachsende“ Fullbuckle-Tragehilfen mit Stegverkleinerung und regulierbarer Nacken-/Kopfstütze sowie einem Rückenteil aus „Tragetuchstoff“ anderen Modellen vorzuziehen, um eine bestmögliche Anpassung, Stützung und Entlastung zu erreichen. Bei Fullbuckles mit nicht verstellbarem Steg kann ein „Stegbändiger“ eingesetzt werden, um ein Überstrecken der Beine zu vermeiden, wenn der Steg dem Kind noch zu breit ist.
Onbuhimo: Tragehilfe ohne Bauchgurt mit einem annähernd rechteckigen Rückenteil, die ähnlich wie ein Rucksack angelegt und meist auf dem Rücken getragen wird. Ursprung: Japan.
Kleines Packmaß, praktisch für den kurzen Einsatz bei Lauflingen oder in der Schwangerschaft, da hier kein Gurt in den Bauch drückt. Die Schulterträger sind oben und unten am Rückenteil befestigt, z. B. mit Gurten und Schnallen oder Ringen. Den Onbuhimo empfehlen wir ab Sitzalter, Ausnahmen sind möglich. Je nach Schnitt erzeugt ein Onbuhimo hohen Druck im Nackenbereich und in den Kniekehlen des Kindes, zudem sackt der Po leicht nach unten. Viele Tragende empfinden die hohe Belastung der Schultern als unangenehm. Beim Onbuhimo kommt es ganz besonders darauf an, dass die Tragehilfe Kind und tragender Person sehr gut passt, um die Nachteile zu minimieren.
Podaegi: Tragehilfe ohne Hüftgurt mit einem annähernd rechteckigen Rückenteil, an welchem oben die Schulterträger angenäht sind. Ursprung: Korea.
Schnitt, Größe, Ansatzwinkel der Träger und Material weichen je nach Hersteller stark voneinander ab. Traditionell wird damit auf dem Rücken getragen. Damit das Kind im Beutel sitzen kann, werden die Träger erst über seine Beine geführt, unterm Po gekreuzt und dann unter den Beinen wieder nach vorne geführt und geknotet.