Öko-Test  -  für Sie getestet 

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Öko-Test (April 2011) wurden Tragehilfen getestet – endlich! Wir freuen uns, denn dies zeigt, dass das Thema Tragen aktuell ist und die Testergebnisse werden viele Eltern erreichen.
Doch bei kritischer Durchsicht des Artikels und der Beschreibung des Praxistestes sowie der einzelnen Testergebnisse gibt es einiges anzumerken.

Warum?
Als Erstes verwundert die Auswahl und die Einteilung der Testobjekte, da Handhabung und Einsatzmöglichkeiten grundverschieden sind.


Die Auswahl
Bei den getesteten Tragehilfen fehlen die Fertigtragen der Firmen Didymos, Girasol und Storchenwiege, bei der Firma Hoppediz wurde der neuere Hop-Tye anstelle des bekannten Bondolino getestet. Bei den Tragetüchern hätte man zusätzlich eine Überprüfung der Tücher der Firmen Girasol, Hoppediz und Storchenwiege erwartet, da diese in Deutschland weit verbreitet sind.


Die Einteilung
Öko-Test teilt die Tragehilfen in „Komforttragen“ und Tragetücher ein. Unter dem (irreführenden) Begriff „Komforttragen“ werden Ringslings mit Mei Tais und Fertigtragesystemen verglichen.
Bei den Tragetüchern wird das unterschiedliche Material der Tücher (einfache Köperbindung, Kreuzköper, Jacquard und Maschenware) nicht in der Bewertung berücksichtigt, obwohl die Qualität des Gewebes eine wichtige Rolle bei der Stützung des Kindes und für die Handhabung spielt.

Eine Aufteilung in 3 Kategorien (Tragetücher, Ringslings, Fertigtragen) wäre aus unserer Sicht vor allem für die Verwendbarkeit des Testes für interessierte Eltern sinnvoll gewesen.


Die Inhaltsstoffe
Im Test Tragehilfen und „Komforttragen“ wurden unter „Gebrauchseignung“ u. a. Material, Bedienungsanleitung, Handhabung, Beinhaltung und Stützung des Kindes, Speichel- und Schweißechtheit der Materialien bewertet. Zusätzlich wurden die Inhaltstoffe sämtlicher bei einer Trage verwendeten Materialien mit von Öko-Test selbst festgelegten Grenzwerten, die weit unter den Richtlinien von Öko Tex Standard 100, der EU-Norm für Tragehilfen DIN EN 13209-2:2005 und anderer Richtlinien liegen, geprüft.

In einigen der getesteten Tragehilfen wurden dabei auffällige Werte ermittelt und das Testergebnis daher dementsprechend abgewertet. Inwieweit potentiell schädliche Stoffe im Hüftgurt oder dem Einfassband einer Tasche (ErgoBabyCarrier) bzw. im Oberstoff und einer Kordel (HopTye) mit dem getragenen Kind in Kontakt kommen KÖNNEN wurde nicht berücksichtigt, sondern die Nachweise führten, ohne Berücksichtigung des Praxistestes, zur Abwertung.

Auch die Tragetücher wurden unter „Gebrauchseignung“ u.a. bezüglich Material, Stoffart/Kantenverarbeitung, Bedienungsanleitung, diagonaler Nachgiebigkeit und/oder Elastizität des Stoffes, Handhabung sowie Speichel- und Schweißechtheit bewertet und es erfolgte eine Untersuchung der Stoffe auf bedenkliche und/oder umstrittene Inhaltsstoffe.

Auch hier wurden schädliche Stoffe gefunden, wobei bei mehreren Herstellern der Nachweis von optischen Aufhellern in den Etiketten zur Abwertung um eine Note führte.
Natürlich sollten Schadstoffe nicht vorkommen, und die Hersteller sind offensichtlich bemüht, die von Öko-Test festgestellten Mängel zu beheben. Teilweise wurden die betroffenen Produkte aus dem Verkauf genommen bzw. nachgebessert, um Mängel zu beseitigen. Trotzdem sollte bei der Bewertung einer so komplexen Sache wie einer Tragehilfe noch mehr Augenmerk auf die Praxisrelevanz der Ergebnisse gelegt werden.


Der Praxistest
Im Praxistest der Tragehilfen und Tragetücher wird ein aus unserer Sicht sehr wichtiges Kriterium einer guten Tragehilfe bezogen auf die Haltung des Kindes, nämlich die anatomisch korrekte Anhock-Spreiz-Haltung, nur unter „Beinhaltung des Kindes“ bewertet und als Anhockstellung bezeichnet. Die Anhockung der Beinchen alleine macht aber noch keine gute Haltung aus, die Spreizung oder gar Überspreizung spielt dabei eine wesentliche Rolle. Im Test führte einzig bei der Manduca Babytrage die Feststellung, dass die Beinchen bei jüngeren Babys teilweise zu weit gespreizt sind, zur Abwertung. Dabei trifft dies nach unserer Beurteilung genauso bei mindestens 3 weiteren der getesteten Tragen zu. Das Ergebnis des Praxistestes des ErgoBabyCarriers mit Neugeboreneneinsatz ist für uns nicht nachvollziehbar, so dass wir diese Tragehilfe (aus Sicht der Praxisbewertung) entgegen der Angaben von Öko-Test nicht uneingeschränkt zur Nutzung ab der Geburt empfehlen können.


Was fehlt?
Insgesamt fällt auf, dass im gesamten Test die Nutzungsdauer der Tragehilfe bezogen auf die mögliche Gesamttragezeit (von Geburt an bis 3 Jahre) keine Rolle spielt. Dabei wäre dies eine für die Eltern wichtige Information: Welche Trage eignet sich von Geburt an, welche für das 1. Lebensjahr, welche Trage eignet sich für ein Kind im Lauflernalter, welche passt bei einem großen Tragling und bietet die beste Entlastung für den Tragenden? Bei einer solchen Einteilung würde auf den ersten Blick sichtbar werden, dass nur ein fest gewebtes Tragetuch mit Diagonalelastizität in der gesamten Tragezeit eines Kindes genutzt werden kann. Oder, dass man bei Nutzung von Tragehilfen mehrere verschiedene Tragehilfen benötigt, um ein Kind über die Dauer der gesamten Tragezeit hinweg „gut“ zu tragen.


Die Empfehlungen
„Das Tragetuch ist und bleibt, vor allem für jüngere Babys, die erste Wahl.“ Genauso ist es!
Ebenso empfiehlt Öko-Test für jedes Tragesystem zusätzlich zur bebilderten Trageanleitung eine fachliche Beratung, um eine korrekte Nutzung sicherzustellen. Danke dafür!


Was ist nun unser Test-Testurteil?
Der Testansatz ist gut, die Ergebnisse sind undifferenziert und werden der Komplexität der Materie „Tragehilfe/Tragetuch“ nicht gerecht. Unser Testurteil lautet damit: ausreichend.


 

Redaktion Tragenetzwerk e.V.: NB, LD, KS

 
 
So reagierten die Hersteller auf den Test:

 

Didymos

Amazonas

Ergobaby

Wickelkinder

Hoppediz

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.